zierung ihrer Aufgaben – eben einen fairen, aufgabenorientierten Finanzausgleich. Als ich das Budget für Jahr 2023 präsentiert habe, sagte ich einleitend, dass dieser Voranschlag eine finanzpolitische Zeitenwende einläute, deren Auswirkungen erst in den kommenden Budgetjahren wirklich spürbar sein werde. Nun, knapp eineinhalb Jahre später spüren wir die drastisch veränderten Rahmenbedingungen in einem Ausmaß, das die damaligen Befürchtungen noch übertroffen hat, denn zu den stark steigenden Ausgaben in den schon genannten Bereichen kommt eine besorgniserregende Abwärtsentwicklung bei den Ertragsanteilen, deren Folgen uns auch bei einer hoffentlich baldigen Trendumkehr noch lange begleiten und herausfordern werden. Zum Schluss danke ich meinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die mit großem persönlichem Engagement für ein chancenreiches, lebenswertes Lustenau arbeiten. Und danke dir, lieber Klaus Bösch, für dein ausgezeichnetes Finanzmanagement und deinen Weitblick weit über die Zahlenwerke hinaus. Das führt mich vom Dank zu einer Bitte an euch, liebe Kolleginnen und Kollegen in der Gemeindepolitik: hört auf die ExpertInnen in unserem Haus und vertraut ihnen. Wir haben ein ausgezeichnetes Team, von der Finanzabteilung bis zum Bauhof, von den Seniorenhäusern bis zu den Kindergärten, vom Wasserwerk bis zur Musikschule, um einen Teil unserer Vielfalt zu erwähnen. Der Blick auf das Geleistete der letzten Jahre zeigt das eindrucksvoll. Hoffnungsvolles, potenzialorientiertes Führen, eine konstruktive, angstfreie Fehlerkultur und eine wertschätzende, verantwortungsvolle Zusammenarbeit mit der Politik sind bzw. wären gerade in herausfordernden Zeiten eine gute Konstellation. Zum Schluss danke ich allen, die sich für ein lebenswertes, chancenreiches Lustenau engagieren, insbesondere allen, die das soziale und kulturelle Leben unserer Gemeinde mit ihrem ehrenamtlichen Engagement bereichern.“ Gemeindevertreter Gerhard Bezler führt namens der Fraktion FPÖ nachstehenden Generaldebattenbeitrag zum Rechnungsabschluss 2023 aus: „Sehr geehrter Herr Bürgermeister, werte Gemeindevertreter:innen, liebe Zuhörer:innen, Der vorliegende Rechnungsabschluss 2023 ist eine einzige finanzpolitische Bankrotterklärung. Lustenau hat sich in den letzten zehn Jahren von einer Vorzeigegemeinde zu einem Sanierungsfall entwickelt. So ist die wichtigste Kennzahl, die frei verfügbaren Mittel, mit über € 0,5 Mio. im Minus. Zusammen mit den horrenden Schulden von über € 90 Mio. ist die Gemeinde damit de facto überschuldet und handlungsunfähig. Da auch die gesamtwirtschaftlichen Aussichten in Österreich fürs nächste Jahr eher düster sind, muss bestenfalls mit einem ähnlich schlechten Ergebnis gerechnet werden. Das einzig Positive ist, dass die von uns Freiheitlichen immer wieder geforderte verbindliche mittelfristige Finanzplanung bei Großprojekten Realität wird. Die nächsten zwei bis drei Jahre heißt es jetzt nur noch sanieren, sanieren, sanieren. Nun zu den fünf Gründen für diese negative Entwicklung. REICHSHOFSTADION Es war mehr als eine grobe Fehleinschätzung, ein Projekt in dieser Größenordnung letzten September in der Gemeindevertretung zu starten, ohne finanziell verfügbare Rücklagen zu haben. Nicht umsonst haben wir Freiheitliche dieses Projekt zu diesem Zeitpunkt in Frage gestellt. Wenn der Wind auf hoher See rauer wird, sollte man das Gemeindebudget nicht noch zusätzlich belasten. ZINSENTWICKLUNG UND SCHULDEN Bürgermeister kommen und gehen, aber die Schulden bleiben. Dass gerade die sich einst als Wirtschaftspartei rühmende ÖVP dieses finanzielle Desaster verursacht hat, bleibt ein Treppenwitz der Geschichte. Wir haben jetzt den Rekordstand an Schulden von über € 90 Mio. und aufgrund des allgemeinen Zinsniveaus explodieren die Zinsen von € 340.000 auf über € 2 Mio. Dadurch verringert sich die Handlungsfähigkeit unserer Gemeinde drastisch. In vielen Debattenbeiträgen zur mittelfristigen Finanzplanung haben wir genau davor gewarnt und diese Entwicklung vorhergesagt. LAND VORARLBERG Von € 36 Mio. an Ertragsanteilen zahlen wir über € 14,5 Mio. ans Land Vorarlberg. Trotz Transferzahlungen von € 8 Mio. zahlen wir netto € 6,5 Mio. Also bei aller Liebe zum Land Vorarlberg, das ist einfach viel zu viel! Es bewahrheitet sich wieder einmal, dass es nicht kostengünstig ist, wenn eine Körperschaft anschafft und die andere mitzahlen muss. EINBRUCH BEI DEN ERTRAGSANTEILEN Ein Unglück kommt selten allein. Verschärft hat sich die allgemeine Situation zusätzlich dadurch, dass wir über € 2 Mio. weniger Ertragsanteile bekommen haben, als uns mitgeteilt wurde. Die Höhe der Abweichung irritiert, da seitens des Landes bisher eher vorsichtig kalkuliert wurde. Damit waren die Ertragsanteile € 1,5 Mio. weniger als im Vergleichsjahr 2022 und das bei stark steigenden Kosten in allen Bereichen. GRUNDSTÜCKE Durch die allgemeine wirtschaftliche Situation sind wir von der Vermögensabteilung bei der letzten Sitzung des 16 Nr. 20 / 24 | Lustenauer Gemeindeblatt
Finanzausschusses informiert worden, dass es derzeit kaum möglich ist, geplante Grundstücksverkäufe vorzunehmen. Also nicht einmal kurzfristige Budgetkosmetik ist mehr möglich, weil wenn ein Grundstück verkauft wird, ist es dann verkauft. Faktum ist, dass es nicht so weitergehen kann wie bisher! Selbstkritisch muss man zugeben, dass die Warnungen vom Kommunalverwalter Mag. Klaus Bösch bezüglich Budgetierung nicht entsprechend berücksichtigt wurden. Bereits jetzt kann der Kommunalverwalter Mag. Klaus Bösch die laufenden Rechnungen für bereits getätigte Arbeiten der Baufirmen nicht begleichen und ist übrigens auch dem Land Vorarlberg Geld schuldig. Selbst die vom Bund zusätzlich in Diskussion gestellte Milliarde für die Kommunen würde unsere Probleme leider nicht lösen. Es ist die nächsten zwei bis drei Jahre nicht möglich € 25 Mio, oder mehr zu investieren, wenn man ein negatives Betriebsergebnis von einer halben Million hat. Auffallend ist auch, dass die Einnahmen aus der Kommunalsteuer nicht mit den hohen Lohnsteigerungen der letzten Jahre mithalten können. Deshalb muss es und wird es auch eine der Hauptaufgaben sein, dass sich neue Betriebe ansiedeln. Auch die Konjunkturaussichten fürs nächste Jahr in Österreich sind leider sehr dürftig und differieren je nach Wirtschaftsforschungsinstitut zwischen 0,1 und 0,7 %. Die Marktgemeinde Lustenau ist von einem stolzen Adler zu einer flugunfähigen Ente geworden. Und zum Schluss noch ein gut gemeinter Rat und zusätzlich noch eine Warnung. Wenn wir hier alle in der Gemeindevertretung nicht umdenken, werden wir in Bälde von außen gelenkt werden. Aber eines ist todsicher. Die finanziell verantwortlichen Personen für die nächste Gemeindevertretungsperiode sind nicht mehr zu beneiden. Die Lustenauer Freiheitlichen müssen diesen unerfreulichen Rechnungsabschluss bitter zur Kenntnis nehmen. Wir danken dem Kommunalverwalter Mag. Klaus Bösch sowie der Finanzabteilung für die mustergültige Zusammenstellung der Unterlagen des Rechnungsabschlusses sowie für die professionelle Beantwortung sämtlicher diesbezüglicher Fragen in allen Gremien der Gemeinde. Allen Gemeindeangestellten sprechen wir unseren ehrlichen Dank für die sehr gute geleistete Arbeit aus. Besonders bedanken möchten wir uns aber bei allen Gewerbetreibenden sowie der Bevölkerung, die mit ihren Abgaben dieses Budget erst ermöglicht haben.“ Gemeindevertreterin Eveline Mairer, BEd führt namens der Fraktion GRÜNE nachstehenden Generaldebattenbeitrag zum Rechnungsabschluss 2023 aus: „Sehr geehrter Herr Bürgermeister, Geschätzte Kolleg:innen! Liebe Zuhörer:innen! Schon seit einigen Jahren müssen wir unser Gemeindeschiff durch sehr stürmische Gewässer lotsen und mit Bedacht und Verstand unser Schiff lenken: der Beginn dieser Amtsperiode fiel mit dem Beginn der Corona-Krise zusammen, dann kam der russische Angriffskrieg in der Ukraine, der die Energiekosten in ganz Europa explodieren ließ und danach waren wir mit einer massiven Teuerung und stark gestiegenen Zinsen konfrontiert. All dies hat unser Boot stark ins Wanken gebracht und wir bekamen hautnah zu spüren, wie eng verwoben die Welt inzwischen ist und wie stark die Geschehnisse in aller Welt auch uns hier in Lustenau beeinflussen. Im vergangenen Jahr 2023 hatten, wie bereits erwähnt, vor allem die massive Teuerung, gestiegene Lohnkosten sowie die Zinserhöhungen große Auswirkungen auf unseren Gemeindehaushalt. Auch die Aufgaben, die die Gemeinden aufgrund ihrer Nähe zu den Menschen übernehmen müssen, haben in den letzten Jahren stark zugenommen: Im Bildungsbereich beispielsweise sind das die Schülerbetreuung mit qualitätvollem Mittagessen oder die Schulsozialarbeit. Diese Aufgaben müssen nicht nur von den Kommunen getragen und organisiert, sondern vor allem finanziert werden. Dies und noch vieles mehr führt dazu, dass der finanzielle Spielraum immer enger wird und unsere finanziellen Schwierigkeiten tagtäglich größer werden. So konnten wir im Rechnungsabschluss 2022 noch € 5,8 Mio. frei verfügbare Mittel ausweisen, doch schon ein Jahr später, im Rechnungsabschluss (RA) 2023 weisen die frei verfügbaren Mittel einen negativen Wert aus. Auch die Gesamtverschuldung ist im vergangenen Jahr von rund € 85 Mio. auf € 90,5 Mio. angestiegen. Nicht mit eingerechnet in diesen Wert sind die zwei Darlehen, die wir in der heutigen Sitzung mit der Gesamtsumme von € 21 Mio. beschließen werden. Das sind sehr besorgniserregende Entwicklungen! Besonders wenn man weiß, wie viele wichtige Aufgaben wir seit Jahren vor uns herschieben. Ein Projekt, das wir jahrzehntelang vor uns hergeschoben haben, und im Rechnungsabschluss 2023 die größte Investition darstellt, ist der Campus Rotkreuz. Wir Grüne, allen voran meine geschätzte Kollegin Claudia Niedermair, fordern seit fast 30 Jahren die Erweiterung und später auch die Sanierung dieser Schule. VN-Artikel aus dem Jahr 1995 zeugen von diesen langjährigen Forderungen (VN, 16.03.1995). Und wenn man diese Artikel liest, hat Lustenauer Gemeindeblatt | Nr. 20 / 24 17
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