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Lustenauer Gemeindeblatt Nr. 35 | Freitag 2. September 2021

Amts- und Anzeigenblatt der Marktgemeinde Lustenau | Erscheint jeden Freitag, Erscheinungsort und Verlagspostamt: 6890 Lustenau

Artists in Residency:

Artists in Residency: Die Künstlerinnen Donja Nasseri und Ezgi Erol haben im heurigen Sommer im DOCK20, S-MAK und Druckwerk gearbeitet. (Foto Miro Kuzmanovic) Kultur „This must be my place. The Other is Us. Zur Idee der postmigrantischen Gesellschaft“ Am 3. September eröffnet im DOCK 20 eine neue Gruppenausstellung, die sich mit der Bedeutung und Auswirkung lokaler und globaler Migrationsbewegungen befasst. Sie bietet Einblicke in die biografisch und ökonomisch geprägten Erfahrungen und Erinnerungen der Künstler:innen und hinterfragt bestehende historische Narrative. Die Frage nach Migration ist eine Frage der Macht. Das Fremde und die Heimat - zwei Begriffe, die bis heute immer wieder neu gesellschaftlich verhandelt werden müssen. Migration ist so alt wie die Menschheit, ist das Potenzial des technologischen und kulturellen Fortschritts. Sie ist keine Kraft, die von außen auf eine Gesellschaft einwirkt, sondern Teil ihrer Struktur. Jede Gesellschaft ist eine Gesellschaft der Migration. Sie ist unumkehrbar. Postmigrantisch steht nicht nur für einen gesellschaftlichen Zustand nach der Migration, sondern für eine Perspektive auf Gesellschaft, in der die Abläufe und Auswirkungen der Migration als gesellschaftliche Normalität und konstitutiver Bestandteil anerkannt werden. Seit der Industrialisierung wird Migration stets durch ökonomische Notwendigkeiten (de)legitimiert. Sie steht in direkter Verbindung mit kapitalistischen, globalen Märkten. Sie macht Verstrebungen zwischen Race und Class sichtbar. Bis heute. Wo sind die Stimmen und Erinnerungen der (post)migrantischen Communities in der (Lustenauer) Geschichtserzählung? Mit dem Aufstieg der Lustenauer Textilindustrie in den 60er Jahren begann die Werbung und ein Zuzug türkischer und kurdischer Gastarbeiter:innen. Ohne sie wäre der wirtschaftliche 18 Nr. 35 / 21 | Lustenauer Gemeindeblatt

Einen erweiterten Blick auf das Thema des postmigrantischen Wissens und die Sichtbarmachung von Gegenerzählungen über die Grenzen Vorarlbergs hinaus geben die weiteren Positionen der Ausstellung von Cana Bilir-Meier, Theo Eshetu, Giorgi Gago Gagoshidze und Abiona Esther Ojo. Esther Ojo „Die Magie steckt in jeder Strähne“ 2020 (Foto Kunsthalle Wien, Esther Ojo) Aufstieg nicht erfolgt. Als die Lustenauer Stickereiindustrie aufgrund ihrer Abhängigkeit vom nigerianischen Markt in den 90er Jahren zerfiel, waren die Migrant:innen noch immer da, hatten Kinder, Kindeskinder. Doch in den Archiven sucht man ihre Geschichten und Erinnerungen weitestgehend (noch) vergebens. Als „Gastarbeiter:innen“ der x-ten Generation werden sie bis heute nicht als Protagonist:innen und Wissensproduzent:innen verstanden. „Migrantisches“ Wissen im gesellschaftlichen Aushandlungsprozess als solches anzuerkennen, ist genauso eine Voraussetzung für die postmigrantischen Gesellschaft wie die kritische Reflexion des „Anderen“ und seiner Entstehung. In den vergangenen sechs Wochen haben die beiden Stipendiatinnen der Artist und Research Residency von DOCK 20, S-MAK und Druckwerk, Ezgi Erol und Donja Nasseri, thematisch zu ortsspezifischen Aspekten des Postmigrantischen gearbeitet und mittels Recherchen und Interviews Arbeiten angefertigt. Kultur Termine „This must be my place. The Other is Us. Zur Idee der postmigrantischen Gesellschaft“ 4. SEPTEMBER BIS 24. OKTOBER 2021 DOCK 20 – Kunstraum und Sammlung Hollenstein Pontenstraße 20, 6890 Lustenau www.lustenau.at/dock20 Öffnungszeiten (während der Laufzeit): FREITAG, SAMSTAG, SONN- UND FEIERTAG 15 BIS 19 UHR Eintritt 4 EUR / 3 EUR ermäßigt Programm Eröffnung FREITAG, 3.9., 19 UHR Dialogführung SAMSTAG, 4.9., 16 UHR Giorgi Gago Gagoshidze „The Invisible hand of my father“ (Foto Giorgi Gago Gagoshidze) Lustenauer Gemeindeblatt | Nr. 35 / 21 19

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