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Lustenauer Gemeindeblatt Nr. 43 | Freitag 23. Oktober 2020

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Amts- und Anzeigenblatt der Marktgemeinde Lustenau | Erscheint jeden Freitag, Erscheinungsort und Verlagspostamt: 6890 Lustenau

Kultur Spannende

Kultur Spannende Buchvorstellung – Erinnerung an Hugo Paterno Im Rahmen der Literaturreihe „Grenzgänger“ – einer Kooperation zwischen der Kulturabteilung und der Bibliothek – wurde am 14. Oktober im Rathaussaal das heuer erschienene Buch „So ich noch lebe…“ von Wolfgang Paterno vorgestellt. Wolfgang Paterno ist gebürtiger Lustenauer, hier aufgewachsen und lebt heute in Wien. Er ist seit 2005 Redakteur beim Nachrichtenmagazin „Profil“ und hat bereits mehrere Bücher verfasst. Dabei ist „So ich noch lebe…“ sein bislang persönlichstes, denn der Autor begibt sich auf eine Spurensuche in die Geschichte seines eigenen Großvaters Hugo Paterno. Dieser wurde aufgrund seiner ablehnenden Haltung in Bezug auf das damalige Regime, und wohl auch, weil er als sehr überzeugter Katholik den Hass der Nationalsozialisten auf sich zog, hingerichtet. Opfer von Denunziationen Hugo Paterno war seit 1920 im österreichischen Zolldienst und ab November 1938 bis im Frühling 1940 Leiter des örtlichen Zollamts Oberfahr. Er wurde von einem ihm untergebenen Lustenauer HIGA-Mann (Hilfs-Grenzzoll-Angestellter) denunziert und auf Betreiben der hiesigen NSDAP nach Innsbruck strafversetzt. Eine erneute Anzeige wegen angeblich kritischer Äußerungen über den Krieg und das Regime erfolgte 1943 auch in Tirol. In Folge wurde der vierfache Familienvater am 17. September 1943 von der Gestapo verhaftet, am 11. Mai 1944 wegen „Wehrkraftzersetzung“ zum Tod verurteilt und schließlich am 7. Juli 1944 in München-Stadelheim hingerichtet. Wolfgang Paterno plädierte im Gespräch dafür, „keinen Schlussstrich unter die Geschichte zu ziehen“ und die Erinnerung an Hugo Paterno wachzuhalten. (Fotos Miro Kuzmanovic) 10 Nr. 43 / 20 | Lustenauer Gemeindeblatt

Brutale NS-Justiz Die von Stefan Bösch vorgetragenen Textpassagen aus dem Buch schilderten die erste Denunziation in Gaißau, als Hugo Paterno dort Dienst tat ebenso wie die konstruiert wirkende, fadenscheinige spätere Anzeige in Lustenau. Daneben gaben die Lesepassagen aber auch Einblick in das von der brutalen und ungerechten NS-Justiz verursachte familiäre Leid. Musikalisch begleitet wurde die Veranstaltung von Perkussionist Martin Grabher. Seine Beat- und Klangimprovisationen untermalten eindrucksvoll die Dramatik der seinerzeitigen Ereignisse. Wertvolle Aufarbeitung der Vergangenheit Zwischen den Lesepassagen berichtete Wolfgang Paterno im Gespräch mit Oliver Heinzle über die Schwierigkeiten bei seinen jahrelangen Recherchen und thematisierte die Verdrängung des damals Geschehenen. Mit der Aufarbeitung der Geschichte seines Großvaters, über die bislang erst recht wenig bekannt war, hat Wolfgang Paterno einen wichtigen Beitrag zu den Forschungen zur Lustenauer Zeitgeschichte geleistet. Die vom Lustenauer Schauspieler Stefan Bösch gelesenen Auszüge aus dem Buch bewegten die 50 anwesenden Besucherinnen und Besucher. Das Buch „So ich noch lebe…“ erzählt die bewegende Geschichte von Hugo Paterno. Interessiertes Publikum Lustenauer Gemeindeblatt | Nr. 43 / 20 11

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